ANOTHER YOU
ZUM STÜCK
// Uraufführung: 9. September 2010, Theater im Ballsaal, Bonn
// In Koproduktion mit Theater im Ballsaal, Bonn
// Gefördert durch: Kunststiftung NRW / Fonds Darstellende Künste / Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Spitzenförderung
für Freie Tanzensembles
Ein Mann und eine Frau. Ein Paar. Alle Spiele scheinen gespielt, alle Möglichkeiten ausgereizt, Konflikte provozieren nur noch den routinierten Widerspruch. So erproben sie noch einmal zusammen ein neues, befremdendes Spiel, erklären sich selbst zum Experiment.
2005 begründete LOVERS AND OTHER STRANGERS die Zusammenarbeit mit den beiden Tänzern Viviana Escale und Volkhard Samuel Guist. Seitdem haben sie es noch ziemlich oft getan. In unzähligen Aufführungen von LOVERS AND OTHER STRANGERS auf drei Kontinenten und in zahlreichen weiteren Neuproduktionen. Diese Vertrautheit und Intensität bildeten fünf Jahre später die Grundlage für ein neues Duett. 5 Jahre in denen sich nicht nur die Lebenssituationen der Darsteller, ihre Beziehungen und Persönlichkeiten verändert haben, sondern in denen sich auch COCOONDANCE mit eigenwilligen Erzählweisen profiliert hat.
ANOTHER YOU ist auch ein Nachdenken über die Form des Duetts selbst, indem die Selbstverständlichkeit eines solchen Dialogs, ja die von Kommunikation generell in Frage gestellt wird. Gibt es ein alternatives dialogisches Prinzip, ohne ein direktes, unmittelbares Gegenüber? Welche Wege und Formen, emotionale Dichte und Nähe finden sich in der Abwesenheit des Anderen, und welche Auswirkungen hat dies auf die Narration, auf Linearität und Kausalität von Erzählungen?
Von und mit: Viviana Escalé, Volkhard Samuel Guist /// Choreographie/Regie Rafaële Giovanola /// Musik Jörg Ritzenhoff /// Ausstattung Annika Ley /// Lichtgestaltung Marc Brodeur /// Fotos: Klaus Fröhlich /// Dramaturgie/Konzept Rainald Endraß
PRESSESTIMMEN
"Die Besetzung von "Another You" stellt einen Bezug her zu einem älteren Cocoondance-Stück. In "Lovers and other Strangers" gingen die gleichen Tänzer in einen hochemotionalen Clinch. Nun,
fünf Jahre später, scheinen Nähe, Intensität, Liebe aufgebraucht.
Während sie ruhig vor ihrem Monitor sitzt, tigert er voller Unrast herum, untersucht manisch sein Ruhe-Geviert, wechselt ständig die Position: der Sturm weht im Körper, und Komponist Jörg
Ritzenhoff sorgt mit einer diesmal sehr rhythmischen Soundcollage für den nötigen Drive. Die Kommunikation scheint gekappt, bis Viviane Escale ein "Are You there?" in die Kamera ruft und das
Schild "Reconstruction" hochhält. Aufarbeiten also. Kamera und Monitor werden zum Gesprächskanal. (...)
Zu den eindrücklichen Momenten gehören zwei virtuelle Duette. Das erste wird über den Monitor getanzt und entwickelt sich aus dem Nähe- und Distanzverhältnis zur Kamera, aus zeichenhaften
Intensitätsgesten und signalhaften Blicken. Beim zweiten Duo verhindert die Wand die Berührung. Rafaële Giovanola lässt die Tänzer über die Wand streichen, einer gibt eine Bewegung vor, der
andere antwortet. Viviane Escale und Volkhard Samuel Guist entwickeln darüber eine tastende Zartheit im Ausdruck, die in scharfem Kontrast zur Direktheit in "Lovers" steht. Zwischen beiden Szenen
allerdings geht es dann um das andere Du, das "Another You". Hatte zuvor schon die Bildhaftigkeit des Partners das Thema angerissen, so modelliert jetzt der Mann wie weiland Pygmalion seine
Partnerin nach seinem Gusto. Mit strengen Befehlen aus dem Off macht er aus ihr ein hopsendes, lachendes Mädchen. Was die beiden am Ende bei Sturm gemeinsam über Fotos lachen lässt, bleibt ein
Geheimnis. Man würde es gerne erfahren." (Hans-Christoph Zimmermann, General-Anzeiger, Bonn)
"Seit fünf Jahren, seit "Lovers and other Strangers", gibt es die Zusammenarbeit mit Viviana Escale und Volkhard Samuel Guist, die zum Jubiläum beeindruckend "Another You" tanzen (…). Natürlich hat beides mit einander zu tun. Mann und Frau als aller Anfang und Ende. Das Paar als das Elementare des klassischen Tanzes. Aber soviel die beiden Stücke mit einander zu tun haben, soviel trennt sie auch. Für "Sie" und "Ihn" neigt sich das Stück eher einem Ende zu. Annika Ley hat beiden Tänzern ihren eigenen Raum zugewiesen durch drei quer in den Ballsaal gehängte transparente Plastikraumteiler. In jedem ist ein Fernseher und darauf jeweils eine Minikamera, die sein Bild auf ihren Bildschirm und ihres auf seinen sendet zwecks Miteinander. Oder was davon übrigblieb. Es sind Bilder der medialen Entfremdung. Man trifft sich im elektronischen Kontakthof Internet. Nicht nur das Anbändeln, auch das Ausprobieren von Beziehung findet dort statt. (…) Irgendwann irrt sie mit der Taschenlampe durch eine dunkel gewordene Welt auf der Suche nach dem anderen: Das ist also auch eine Parabel von Zweien, die nicht zueinander kommen. Und eine große Kunsterinnerung, für die sich Rafaële Giovanola ein ganzes Spektrum schöner gestischer Verweise einfallen ließ. " (Heinz-Dieter Terschüren, Bonner Rundschau)