I´LL BE YOUR MIRROR
ZUM STÜCK
// Uraufführung: 28. November, 2003 im Theater im Ballsaal, Bonn
// In Koproduktion mit dem Theater im Ballsaal
Zwei fast vergessene Diven in ihrem letzten Auftritt. Die eine ist wie die andere sein möchte und doch nicht sein kann, und das Begehren des anderen führt in ein fortwährendes Umkreisen, in Muster der Verstrickung. I'LL BE YOUR MIRROR ist ein atemberaubender Tanzdialog und selbstironische Allegorie zwischen einer Diva und ihrem Spiegelbild, der zum bühnenreifen Rosenkrieg eskaliert.
Die Diva, ein Phänomen des 20. Jahrhunderts, bewundert und verehrt, ist tot. Stattdessen gibt es nur noch austauschbare Stars, hat jeder heute, wie Andy Warhol feststellte, ein Recht auf 15 Minuten Berühmtheit. Und doch besteht das Verlangen nach der charismatischen Einzigartigkeit der Diva weiter, angesichts der Beliebigkeit heutiger Stars. Im Unterschied zu den anderen Sternen am Starhimmel, wird die Diva, aus der Bahn getragen. Jener Bahn, die Bühne und Leben, Film und Realität trennt. Der Unfall, der der Diva widerfährt, ist genau genommen eine Art Kollaps, bei dem Sein und inszenierte Darstellung ununterscheidbar zusammenfallen. Es sind Stars, die auf der Grenze stehen und an die Grenze gehen. Sie stellen besonders gelungene Kompensationen für die in unserer Alltagswelt empfundenen Brüche dar, weil sie selbst so prononciert versehrt sind (Elisabeth Bronfen/Barbara Strauchmann). Sie bestehen aus zwei Körpern: ihrem Leib und dem produzierten Image. Ihr Kunstkörper, ihr Image, sind nicht zu trennen von ihrem wirklichen Schmerz und somit ihrem realen Leib. Ihr Image ist ihre Authentizität und ihre Authentizität ihr Image. Diven leben "zwischen Himmel und Hölle".
In dem abendfüllenden Pas de deux tanzen Bärbel Stenzenberger und Rafaële Giovanola die Beziehung zweier Persönlichkeiten, die sich bekämpfen und doch lebensnotwendig brauchen, die nicht miteinander leben, sich aber auch nicht sterben lassen können. In einem letzten Auftritt vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart, DU und ICH unauflösbar zu einem Vexierbild. Ihr unablässig geführter Kampf um Aufmerksamkeit und Ego entwickelt sich zur unverstellten Frage nach dem Selbstbild, wie es uns im Spiegelbild und durch die Anderen gegenüber tritt und zur Frage nach dem wahren ICH, um das, was uns vom Anderen unterscheidet und dem was uns gleicht.
"I'll be your mirror". "Ich werde dein Spiegel sein" bedeutet nicht "Ich werde dein Spiegelbild sein", sondern "Ich werde dein Trugbild sein". Verführen heißt als Realität sterben und sich als Täuschung produzieren. Es bedeutet, in der Falle der eigenen Täuschung zu gehen und sich in einer verzauberten Welt zu bewegen. Darin liegt die Macht der verführerischen Frau, die ihre eigenen Begehren in die Falle geht, die daran Vergnügen findet, selbst eine Täuschung zu sein, in deren Falle wiederum die anderen gehen werden. Auch Narziss verliert sich in seinem Trugbild: auf diese Weise lenkt er sich von seiner eigenen Wahrheit ab, wird durch sein Beispiel zum Liebesmodell und lenkt die anderen wieder von deren Wahrheit ab."
(Jean Baudrillard: Von der Verführung, München 1992)
VON UND MIT
Choreographie und Tanz: Rafaële Giovanola, Bärbel Stenzenberger /// Lichtgestaltung: Marc Brodeur /// Kostüme: Vera Andernach /// Musik- und Tonarrangement*: Stephan Mauel - Bühnenbildberatung: Frank Chamier - Bühnenbau: Frank Steinhöfer - Choreographische und dramaturgische Beratung: Antoinette Laurent /// Fotografie: Klaus Fröhlich /// Gestaltung: Rolf Bartsch /// Konzept: Rainald Endraß
*mit Musik von Chet Baker, Miles Davis, George Delerue, O-Tönen des Films "What ever happened to Baby Jane?" (Regie: Robert Aldrich) und Christian Marclay ("Maria Callas)"
Dank an Adelheid Pohlmann, Antoinette Laurent, Guido Preuß, André Buch, Tina Rehn, Peter Lürenbaum und das Theater der Bundesstadt Bonn, Beate Sokoll und die Brotfabrik Bonn
PRESSESTIMMEN
"I'LL BE YOUR MIRROR ist ein buchstäblich reflektierter Tanzdialog zwischen einer Diva und ihrem Spiegelbild, der zum bühnenreifen Rosenkrieg eskaliert. (...) Es ist ein beachtliches Tanzstück, minutiös durchdacht und voller Dynamik, mit grandiosen Interpretinnen, die ihre Hass-Liebe zwischen dramatischen Ernst und Selbstironie gestalten." (Bettina Trouwborst, ballet-tanz, 02/2004)
"Begeisterter Premierenbeifall für die beiden brillanten Darstellerinnen und das ganze Team von COCOONDANCE, das mit dieser hoch reflektierten Spiegelgeschichte und selbstironischen Allegorie des Tanzes ein Meisterstück präsentiert." (Elisabeth Einecke-Klövekorn, General-Anzeiger, Bonn, 1. Dezember 2003 )
"Ein atemberaubender Tanz-Dialog entwickelt sich zwischen der "einen", der verhärmten, verkrampften Diva, und der "anderen", der weichen, fraulichen Erscheinung. ... Das Diva-Konzept, das auf Robert Aldrichs Hollywood-Klassiker "Whatever happened to Baby Jan" mit Bette Davis und Joan Crawford basiert, ist dramaturgisch schlüssig und wird anspielungsreich in Musikauswahl (Stephan Mauel), suggestivem Licht (Marc Brodeur) und Bühne (Frank Chamier) konsequent umgesetzt. (…) Vor allem aber sind die grandiosen Tänzerinnen Rafaële Giovanola und Bärbel Stenzenberger, die als Diven die Bühne mit ihrer knisternden Hassliebe füllen, die Reise Wert." (Bettina Trouwborst, Westdeutsche Zeitung, 3. Dezember 2003)
"Zwischen der verhärmten, geltungssüchtigen Diva und ihrem Alter Ego entsteht ein elektrisierender Tanz-Dialog. In I'LL BE YOUR MIRROR sind Bärbel Stenzenberger und Rafaële Giovanola vom Bonner Ensemble COCOON Freundin und Feindin zugleich. Die beiden ehemaligen Tänzerinnen von Pavel Mikuláštiks Choreographischem Theater finden suggestive Bilder für ihr Miteinander, das sich binnen einer Stunde von einer liebevollen Symbiose zum Mordversuch dramatisch entwickelt. (...) Ein atemberaubendes Konzentrat, faszinierende Interpretinnen. Kein Wunder, dass COCOONDANCE mit I'LL BE YOUR MIRROR und YOU'RE DEAD WITHOUT A STORY zum Festival "Theaterzwang" nach Dortmund eingeladen wurde."(K.WEST, NO 3, Januar 2004)
"Bizarr und atemberaubend - Die exzentrische Choreografie von I'LL BE YOUR MIRROR löste beim Publikum Begeisterung aus. Zum Auftakt des 7. Tanztheaters in Schwerte wurde den Zuschauern in der Rohrmeisterei zugleich der erste Höhepunkt der Veranstaltungsreihe geboten. Das Ende November 2003 uraufgeführte Bühnenstück war nicht nur tänzerisch, sondern auch szenisch ebenso bizarr wie atemberaubend. Die Tänzerinnen Rafaële Giovanola und Bärbel Stenzenberger begeisterten mit ihrer individuellen, ausdrucksstarken Interpretation von I'LL BE YOUR MIRROR." (diah- Ruhrnachrichten, 16. Mai 2005)
"Festival-Auftakt machte Lust auf mehr - Lieferten einen furiosen Auftakt: Cocoondance (…) Eng ist gemütlich. Am Samstagabend war es sehr gemütlich. Zum Auftakt des Festivals "Tanztheater.Schwerte" erlebte die Rohrmeisterei einen Besucher-Boom. Auch das Publikum hatte allen Grund zu strahlen: Mit I´LL BE YOUR MIRROR entwickelten die zwei Tänzerinnen von Cocoondance eine ebenso künstlerisch anspruchsvolle wie ästhetisch anrührende Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Facetten aus dem Leben einer Diva. (...) Das Gastspiel von Cocoondance machte Appetit auf mehr."(Westfälische Rundschau, 16.05.2005)